Das Bild zeigt verschieden Große Esskastanien oder Maroni. Sorten und Sämlinge bilden unterschiedlich große Früchte aus.

Warum Fruchtertragssorten?

Wer einmal leckere, gut schälbare und große Früchte ernten möchte, ist gut beraten eine Fruchtertragssorte zu pflanzen. Doch was ist eigentlich der Hintergrund? Warum werden Bäume veredelt? Und warum sind Sorten eigentlich teurer als Sämlinge? Wir möchten Ihnen im Folgenden ein paar Hintergrundinformationen dazu liefern, warum wir in unserer Baumschule fast ausschließlich Fruchtertragssorten anbieten und worin der genaue Unterschied zwischen Sorten und Sämlingen liegt.

Genetische Lotterie bei den Sämlingen

Zunächst einmal gibt es zum Beispiel die europäische Esskastanie (Castanea sativa) und wenn wir von Ihr sprechen, dann ist damit die Baumart im Allgemeinen gemeint. Innerhalb dieser Baumart gibt es jedoch eine große genetische Vielfalt, ähnlich wie wir Menschen eben unterschiedliche Augenfarben aufweisen können. Und wenn wir uns fortpflanzen, dann können wir normalerweise auch nicht mit Sicherheit vorhersagen, welche Augenfarbe unsere Nachkommen aufweisen werden. Genauso verhält es sich bei den Bäumen: Die Frucht der Kastanie entsteht durch die Bestäubung der weiblichen Blüten mit dem Pollen einer männlichen Blüte, wobei die Gene der Elternpflanzen vermischt werden. Aus diesem Grund ist es sehr schwer, die Eigenschaften eines solchen Sämlings, der aus einer Kastanienfrucht keimt, vorherzusagen. Möglicherweise hat der Baum genauso große Früchte wie sein Elternteil, vielleicht aber auch nicht. Im Prinzip ist die Fortpflanzung, auch generative Vermehrung genannt, also eine Art genetische Lotterie.

Gesicherte Eigenschaften bei den Sorten

Aus diesem Grund werden Kulturpflanzen in vielen Fällen nicht aus einem Samen vermehrt, sondern geklont. Das mag auf den ersten Blick vielleicht futuristisch klingen, ist aber im Pflanzenreich ein relativ natürlicher Vorgang, der wir Menschen uns schon seit tausenden Jahren zunutze machen. Wenn Sie von Ihrer Zimmerpflanze einen Ableger machen oder wenn Sie einen Baum veredeln: In beiden Fällen haben Sie einen Klon von der Mutterpflanze erschaffen.

Der Vorteil dabei liegt darin, dass Klone nun dieselben Eigenschaften wie die „Mutterpflanze“ aufweisen. Wenn wir bei der Pflanzenvermehrung also aufs Klonen setzen, können wir also die ‚genetische Lotterie‘ gegen eine exakte Vorhersage der Eigenschaften austauschen. Wenn wir eine Pflanze klonen, handelt es sich dabei um eine Form der vegetativen Vermehrung. Das kann zum Beispiel über eine Veredelung passieren, es gibt aber auch zahlreiche andere Formen der vegetativen Vermehrung wie zum Beispiel Wurzelschösslinge, Ableger, Absenker und Stecklinge.

Die Sortennamen

Besonders interessante Individuen, die die Züchter*innen aussuchen, bekommen dann noch einen Namen, den Sortennamen. Beim Apfel ist Ihnen das sicherlich sehr vertraut: Jonagold oder Pinova sind Sortennamen, die einem bestimmten Individuum mit besonderen Eigenschaften einst gegeben wurden. Das hilft dabei, sie zu unterscheiden und zu vermarkten. Bei der Esskastanie heißen die Sorten dann eben ‚Bouche de Betizac‘ oder ‚Marsol‘. Hinter diesen Namen verbirgt sich also ein Baum, der für seine herausragenden Eigenschaften ausgesucht wurde und seitdem vielfach geklont wurde.

Der Preisunterschied

Einen Sämling zu produzieren ist im Prinzip recht einfach: Wir stecken einen Samen in den Boden und schauen ihm beim wachsen zu. Natürlich werden in Baumschulen verschiedenste Techniken angewandt, um das Wachstum zu optimieren, das Grundprinzip ist aber simpel.

Um Sorten zu vermehren, bedarf es dann in den meisten Fällen schon etwas mehr Aufwand. Einige Baumarten wie die Pappel lassen sich sehr leicht klonen, indem man einen Ast abschneidet und dann in die Erde steckt. Dort bildet er neue Wurzeln aus und wächst zu einem neuen Pappelbaum heran. Bei Baumarten wie der Esskastanie oder der Walnuss sieht die Sache nun schon etwas komplizierter aus: Diese Arten werden bewurzeln sich leider nur schlecht und werden daher häufig per Veredelung vermehrt. Konkret bedeutet das, dass ein kleiner Baum als Wurzelstock verwendet wird, auf den dann ein junger Ast von einem Sorten-Baum aufgepfropft wird. Diese filigrane Verbindung muss im Anschluss zunächst verwachsen und sich stabilisieren, bevor die Pflanze an die Kunden weitergegeben werden kann. In Summe ist bei der Sortenvermehrung also deutlich mehr Handarbeit gefragt.

Eigenschaften der Sorten und Sämlinge

Vielleicht fragen Sie sich jetzt noch, welche Eigenschaften die Sorten haben, die wir mit so viel Aufwand vermehren. Im Beispiel der Esskastaniensorten ist es so, dass die Sortenbäume sehr früh in den Ertrag gehen. Selbst zweijährige Bäume in unserer Baumschule beginnen schon mit der Fruchtproduktion. Bei Sämlingen wartet man durchaus 10 bis 20 Jahre, bis die ersten Früchte reifen. Weiterhin sind die Früchte der Sortenbäume meistens auch größer und schmackhafter. Ein sehr wichtiger und oft übersehener Faktor ist aber vor allem die Schälbarkeit. Früchte der Sorten sind darauf getrimmt, dass sich die innere Haut, die als zweite Schicht unter der Schale liegt, deutlich leichter von der Frucht ablöst. Es ist leider sehr frustrierend, wenn man an jeder Frucht ewig herumpopeln muss, bis man die Schale abgetrennt hat.

Die Sorten sind dann je nach Sorte auch besser zum Frischverkauf oder zur Verarbeitung geeignet und lassen sich unterschiedlich gut lagern. Dies spielt vor allem für die professionelle Produktion eine Rolle. Neben den Fruchteigenschaften haben die Sorten dann noch verschiedene Resistenzen gegen Krankheiten wie z. B. die Tintenkrankheit oder Gallwespenbefall.

Was man dabei allerdings nicht verschweigen sollte ist, dass durch die Verwendung immer der gleichen Sorten natürlich auch ein gewisses Risiko besteht. Das liegt daran, dass es wenig genetische Vielfalt gibt. Diesen Nachteil hat man bei den Sämlingen nicht. Falls wir also eines Tages ganz Brandenburg mit Esskastanien vollpflanzen, sollten wir darauf achten, dass wir ein buntes Portfolio an Sorten und Sämlingen (und Unterlagen!) verwenden.

Wie wir die Sorten vermehren

In unserer Baumschule kommen vor allem zwei verschiedene Verfahren der Sortenvermehrung zum Einsatz: Die Veredelung und die Vermehrung per „Abriss“. Die Details dieser beiden Möglichkeiten ersparen wir Ihnen hier. Der wichtige Unterschied ist nur, dass wir bei der Vermehrung per „Abriss“ keine Unterlage verwenden, sondern die Bäume auf ihren eigenen Wurzeln stehen. In diesem Fall spricht man von Wurzelechten Bäumen. Sorten, die wir mittels Veredelung vermehren, haben den Wurzelstock eines anderen Baumes als Unterlage, was wiederum die Eigenschaften der Pflanze als Gesamtes beeinflussen kann. In unserem Katalog können Sie erkennen, ob die Bäume wurzelecht oder veredelt sind und welche Unterlage verwendet wurde.